Fernsehen aus Adlershof: Das Fernsehen der DDR vom Start bis zum Sendeschluss by Klaus Behling

Fernsehen aus Adlershof: Das Fernsehen der DDR vom Start bis zum Sendeschluss by Klaus Behling

Autor:Klaus Behling [Behling, Klaus]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783958410435
Google: V0XcjwEACAAJ
Herausgeber: Edition Berolina
veröffentlicht: 2016-09-18T23:00:00+00:00


Der unsichtbare und andere Fernsehlieblinge

Klaus Feldmann war eines der bekanntesten Gesichter im DDR-Fernsehen, und dass die von ihm moderierte »Aktuelle Kamera« nicht zu den meistgesehenen Sendungen gehörte, tat seiner Popularität keinen Abbruch. Kein Wunder also, dass ihn die Zuschauer 1976 wieder einmal zum »Fernsehliebling des Jahres« kürten – insgesamt schaffte er das 13 Mal. Doch in jenem Jahr war alles anders: Seit Februar war Feldmann nicht mehr auf dem Bildschirm erschienen. Erst im Januar 1977 tauchte er wieder bei der »Aktuellen Kamera« auf.

In der DDR kochten die Gerüchte. Er sei beim Verlesen der Nachrichten sternhagelvoll gewesen, meinten selbsternannte »Insider« zu wissen. In diesem Zustand habe der Moderator die täglichen Jubelmeldungen dann mit einem »So, das war der Scheiß von heute« beendet, ging wie eine Wandersage durchs Land.

Zwanzig Jahre später erzählte Klaus Feldmann die wahre Geschichte: Es geschah im Februar 1976: »Obwohl ich um 19.30 Uhr bei der ›Aktuellen Kamera‹ war, nahm ich am Nachmittag an der Geburtstagsfeier eines Kollegen teil und prostete ihm nicht nur einmal zu.« Trotzdem bestritt der Profi die Durchlaufprobe um 18 Uhr ohne Probleme. Niemand merkte ihm etwas an. Doch zur Sendung entfaltete der Alkohol seine Wirkung. Klaus Feldmann: »Gelallt habe ich nicht, etwas bedächtiger gesprochen vielleicht, aber dafür um so heiterer bei den Erfolgsmeldungen über die hervorragenden Leistungen der Werktätigen.«

Von »Scheiß« war natürlich nicht die Rede, eine Sperre für den Rest des Jahres 1976 gab es trotzdem. Das sah der Delinquent ein. Klaus Feldmann: »Diese Sperre ging völlig in Ordnung. Auf Live-Sprecher muss sich ein Sender hundertprozentig verlassen können.« Und schließlich rehabilitierte ihn die »Wahl« zum Fernsehliebling trotz Bildschirmabstinenz ja auch wieder.

Dennoch ließ die Anekdote ahnen, dass es nicht nur die Zuschauer waren, die da ihre Stimme abgaben.

Die Wahl der Fernsehlieblinge begann mit der Neugestaltung der Zeitschrift Funk und Fernsehen der DDR zum zwanzigsten Jahrestag der DDR 1969. Sie hieß nun FF dabei, wurde auf 48 Seiten erweitert und teilweise in Farbe gedruckt. Die wöchentliche Auflage des Blattes für anfangs 30, dann 50 Pfennige wuchs rasant von über einer Million Exemplaren in den sechziger Jahren auf 1,53 Millionen am Ende der DDR. Damit war die Kapazitätsgrenze erreicht, bereits 1987 mussten 485 000 Abonnementsanfragen abgelehnt werden. Nach einem Bericht an den Ministerrat der DDR von 1988 zählte die FF dabei zu den beliebtesten Zeitschriften der DDR. In den Bezirksstädten war sie durchschnittlich zwanzig Minuten nach Anlieferung, in kleineren Orten nach spätestens zwei Stunden ausverkauft. Mit der hohen Auflage entwickelte sich auch die jährliche Umfrage zum »Fernsehliebling«, die bis 1969 nur durch die Berliner Zeitung regional erfolgte. Bereits da erreichte sie mehr als 40 000 Zuschriften mit etwa zehnmal so vielen Einzeltipps. Seit 1970 stabilisierte sie sich dank der Veröffentlichung in der Fernsehzeitung bei über 100 000 Teilnehmern.

All das sprach für ein großes Interesse an »Fernsehstars«, obwohl es den inzwischen üblichen Kult darum nicht gab und auch die Privatsphäre in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt blieb. Eine kleine Ausnahme bildete die von 1972 bis 1989 einmal im Jahr im Weihnachtsprogramm laufende »Nacht der Prominenten«, in der sich bekannte Fernsehkünstler im DDR-Staatszirkus mit ungewöhnlichen Auftritten präsentierten.



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